Ich bin Nicolas, ein Franzose und Kupferschmied.
Vermutlich schießen dir in dem Zusammenhang sofort mehrere Fragen in den Kopf: Was ist ein Kupferschmied und was macht ein Franzose in Jena? Ja, das werde ich öfter gefragt, aber keine Sorge, die Fragen werde ich im Laufe des Beitrages beantworten.
Wie alles begann…
Meine erste berufliche Erfahrung habe ich mit 13 Jahren während meines ersten Schulpraktikum gemacht. Eher zufällig als stark durchdacht entschied ich mich für ein Praktikum in der Kupferschmiedwerkstatt in meinem Dorf.
Damit kommen wir schon zur ersten Frage: Was macht ein Kupferschmied?
Der Begriff ist mittlerweile irreführend, weil heutzutage eher selten noch mit Kupfer gearbeitet wird. Ursprünglich wurden künstlerische Dinge wie Obstschalen und Pfannen, aber auch Kirchendächer und Bierfässer aus Kupfer hergestellt. (Bierfässer aus Kupfer könnt ihr euch übrigens in der Papiermühle in Jena anschauen.)
Durch den technischen Fortschritt kauft heutzutage natürlich keiner mehr Pfannen vom Handwerker, sondern geht in den Supermarkt oder in Fachgeschäfte. Da die Nachfrage das Angebot bestimmt, musste sich das Berufsbild des Kupferschmiedes ändern. Heutzutage ist es eher industriell geprägt. Durch Techniken wie Biegen, Rollen, Falten und Schweißen gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, Metall zu bearbeiten. In Deutschland könnte dieser Beruf mit Konstruktionsmechaniker verglichen werden.
Die Arbeit in der Kupferschmiedwerkstatt hat mich sofort begeistert und überzeugt, dass das der richtige Weg für mich ist. Deswegen beschloss ich mit 15 das reguläre Gymnasium zu verlassen und stattdessen eine Ausbildung mit Abitur zu machen. Den praktischen Teil der Ausbildung wollte ich in der Werkstatt in meinem Dorf absolvieren. Der Leiter dieser Werkstatt meinte jedoch, er würde nur Gesellen der Compagnons du Devoir, dem Verein für die Wanderschaft in Frankreich, nehmen. Also entschied ich mich kurzerhand dafür, den theoretischen Teil meiner Ausbildung über die Compagnons in Straßburg zu machen.
Anders als zu vermuten wäre, war das nicht der offizielle Beginn der Wanderschaft. Um für den Teil der Wanderschaft zugelassen zu werden, in dem man reist, wird mindestens ein Gesellenbrief gebraucht. Als ich den hatte, wollte ich jedoch noch nicht mit dem Reisen beginnen, sondern meinen Meister weiterhin in Straßburg machen. Ich wechselte für die Zeit an eine technische Ausbildungsstätte.
Die Wanderschaft kann beginnen…
Nach dem Meisterabschluss war ich bereit, die Wanderschaft offiziell zu starten. Ich meldete mich wieder bei der Compagnons du Devoir an und wurde als Erstes nach Toulouse geschickt. (Die französische Wanderschaft funktioniert übrigens ein wenig anders als die deutsche. Mehr dazu erfahrt ihr im nächsten Blogbeitrag.)
Nach meinem Jahr in Toulouse ging es nach Paris, wo ich Alex aus Lothringen kennenlernte, der später noch wichtig wird. Dann nach Lille und als letztes nach Nîmes.
Nach meinem Jahr in Nîmes hatte ich keine Lust mehr auf die starren Strukturen der Wanderschaft: Tagsüber wird Vollzeit gearbeitet, danach geht es zurück ins Wanderschaftswohnheim und von 20 – 22 Uhr haben alle Wanderschaftsgesellen Unterricht. Das war mir nach 4 Jahren nicht mehr genug. Ich wollte gern mehr sehen und allein Reisen, am liebsten in Asien.
Über meine Recherche stoß ich auf einen Freiwilligendienst in Kambodscha, wo ich 3 Wochen lang an einer Schule Schweißen in der Theorie und Praxis lehrte. Im Anschluss daran reiste ich noch einen Monat durch das Land, denn so schnell kommt man ja nicht mehr zurück.
Ich hatte ursprünglich vor, ein Jahr in Kambodscha zu arbeiten, fand aber kein Unternehmen, das noch Kapazitäten frei hatte. Also flog ich wieder nach Hause und fragte mich, wo ich als nächstes hingehen sollte. Da fiel mir Alex wieder ein. Alex, den ich damals in Paris kennenlernte, arbeitet in der Lausitz in Ostdeutschland und war schwerbegeistert. Ich fragte ihn, ob er für mich eine Arbeit finden könne und das tat er auch.
Und heute?
Ursprünglich war mein Plan, ein Jahr in Deutschland zu bleiben und dann weiterzureisen. Wie das Leben allerdings so spielt, lernte ich eine bezaubernde Deutsche auf Alex‘ Geburtstagsfeier kennen und folgte ihr nach Jena, wo sie studiert.
Heute arbeite ich in einer Werkstatt in Apolda namens Blech Bartl. Ich muss zugeben, ich habe schon in vielen Werkstätten gearbeitet, aber in keiner herrschte so eine familiäre, freundschaftliche Stimmung wie bei Blech Bartl und das gefällt mir sehr.
Was ist also mein Tipp? Mach‘ viele Praktika und finde heraus, ob du lieber mit der Hand oder im Büro arbeiten möchtest. Tolle Möglichkeiten dafür bietet das IHK-Schülercollege und das Jenaer Bildungszentrum.
Übrigens, Compagnons du Devoir gibt es auch in Deutschland.